Success Story

16. November 2023

Leicht, luftig, lebensrettend

TUDa-Start-up Inflabi entwickelt ersten aufblasbaren Fahrradhelm

Sportliche Mountainbikes und Rennräder, familientaugliche Lastenräder, hochwertige Gravel- und E-Bikes: Radfahren boomt. Laut Zweirad-Industrie-Verband (ZIV) ist der Bestand an Fahrrädern in Deutschland in nur zehn Jahren um 16 Prozent auf aktuell 83 Millionen gestiegen. Also fast so viele, wie Deutschland Einwohner:innen hat. Funfact: Nur etwas mehr als 30 Prozent der Radfahrer:innen tragen einen Fahrradhelm. Zu unbequem, zu klobig, zu hässlich – Helme haben das Image von Gesundheitslatschen. Sexy geht anders. Die TU-Ausgründung Inflabi will das ändern. Das Team hat einen aufblasbaren Helm entwickelt, der sich klein zusammenfalten und in die Jackentasche stecken lässt. Mit einer individuell gestalteten Hülle soll er zum coolen und supersicheren Schutz-Gadget werden.

Der Prototyp bringt gerade einmal 140 Gramm auf die Waage: Ein Inflabi-Helm besteht zu 70 Prozent aus Luft und wiegt damit entsprechend weniger als ein herkömmlicher Helm aus Hartschaum. Das Aufpumpen soll nur etwa 20 Sekunden dauern, das Ablassen der Luft geht noch schneller. Danach lässt sich der Helm klein zusammenfalten und in der Tasche verstauen. „Mit den aufblasbaren Luftkammern erreichen wir eine bequeme Passform und ein nachhaltiges Design, das sich von herkömmlichen Helmen unterscheidet.“ Julian Wiebke ist Geschäftsstratege und Vertriebsprofi beim TU-Start-up Inflabi. Er ist dafür verantwortlich, dass der Helm auf den Markt kommt. Julian weiß, was Helmmuffel nervt und wie man ein Produkt verkauft: „Der Helm kann mit verschiedenen Farben und Mustern individualisiert werden“, sagt er. So wird der Helm zu einem modischen und persönlichen Accessoire für jeden Radfahrer. Julians Plan: eine Werbeträger:in, die den Helm zu einem unverzichtbaren Zubehör für Radfahrende werden lässt. Der Mann hat Humor: „Birkenstock hat es mit Models wie Heidi Klum geschafft, aus einem orthopädischen Gesundheitsschuh ein Modeprodukt zu machen und ist damit sogar an der Börse!“ Der Inflabi-Mitgründer ist überzeugt, dass diese Marketingstrategie auch mit einem Helm funktionieren kann – gerade, weil er wie eine altmodische Damenbadekappe aussieht, zumindest wenn er nicht aufgeblasen ist. Retro ist Zeitgeist.

Tüftler, Erfinder, Designer

Inflabi, das sind Maximilian Klyk, Jonas Engelhardt und Julian Wiebke – ein interdisziplinäres Team aus Industriedesignern, Maschinenbauern und Betriebswirten. Ihre gemeinsame Leidenschaft fürs Mountainbiken brachte sie auf die Idee, einen besonders sicheren Fahrradhelm zu entwickeln. Nicht für Downhiller und Co, die tragen ohnehin Integralhelme, sondern für ganz normale Verkehrsteilnehmer. Studien, die belegen, dass das Tragen eines Fahrradhelms vor schweren Schädel- und Hirnverletzungen schützt, gibt es zuhauf. Was also könnte Helmverweigerer überzeugen, Helmträger zu werden? Darüber haben die Start-up-Gründer gründlich recherchiert und lange nachgedacht. Sie kamen zu dem Schluss, die gängigen Vorurteile mit einem völlig neuartigen Helm zu entkräften – einem nachhaltigen Fahrradhelm, der schick, praktisch, bequem, faltbar und supersicher ist. „Das bedeutet, dass man den Helm viel öfter benutzt, was die eigene Sicherheit enorm erhöht“, fasst Julian die Vorteile zusammen. Eine Geschäftsidee, die sie in Darmstadt mit ihrem Start-up Inflabi in die Tat umsetzen.

Das Team von Inflabi

Kundenorientiert und nachhaltig produzieren

Als Industriedesigner sind Klyk und Engelhardt es gewohnt, ein Produkt verbraucherfreundlich zu gestalten. Um ihre Vision eines attraktiven Fahrradhelms zu verwirklichen, entwickelten sie nicht nur ein neues Design, sondern auch ein völlig neues Material: ein Textil mit Luftkammern aus thermoplastischem Polyurethan, das mit einem nahtverschweißten, abriebfesten Gewebe überzogen ist. Seitlich hinten am Helm befindet sich ein Ventil zum Aufblasen und Ablassen der Luft. „Dafür kann man eine handelsübliche Fahrradpumpe verwenden, die man als Radfahrer wahrscheinlich sowieso immer dabei hat“, erklärt Jonas Engelhardt, der bei Inflabi für Produktdesign und User Experience zuständig ist. Zur Sicherheit will Inflabi dem Helm aber noch eine kompakte Pumpe mit Manometer spendieren, damit niemandem die Luft ausgeht. Von der Passform her ähnelt der Helm etablierten Modellen auf dem Markt und wird ebenfalls mit einem Kinnriemen am Kopf befestigt.

Stoßdämpfung durch Luftpolster

Noch wichtiger als der coole Look ist den Start-up-Gründern die Sicherheit. Mit ihrer Technologie gelingt es ihnen, den Luftpolsterhelm bis zu viermal sicherer zu machen als einen herkömmlichen Helm. „Statt geschäumten Kunststoff für die Struktur des Helms verwenden wir Luftpolster, um die Energie bei einem Sturz zu dämpfen“, erklärt Maximilian Klyk, „anders als bei herkömmlichen Helmen, bei denen die Schaumstoffteile bei einem Sturz brechen, wird bei unserem Helm die Aufprallkraft durch die Diffusion der Luft in den Luftkammern absorbiert.“  Maximilian Klyk ist der Spezialist für Technik und Sicherheit bei Inflabi. Er hat sowohl Produktdesign als auch Maschinenbau studiert. Maximilian ist dafür verantwortlich, dass der aufblasbare Fahrradhelm alle notwendigen Sicherheitsstandards erfüllt. „Wir arbeiten mit einem unabhängigen Testinstitut zusammen, das unsere Messungen bestätigt hat“, sagt Klyk. Demnach ist die Stoßdämpfung des Inflabi-Helms tatsächlich bis zu vier Mal höher als bei herkömmlichen Helmen.

Gründer Maximilian Klyk

Gründer Jonas Engelharadt

Gründer Julia Wiebke

Zukunftsgestalter mit Unternehmergeist

Derzeit arbeiten die Inflabi-Gründer daran, die europäische Sicherheitszertifizierung nach EU 1078 zu erhalten. Dass ihnen das gelingen wird, davon konnten sie bereits viele Unterstützer überzeugen. Die Jungunternehmer erhalten zahlreiche Fördermittel. Das Innovations- und Gründerzentrum HIGHEST hat ihnen dabei geholfen: exist – Existenzgründungen aus der Wissenschaft, Europäischer Sozialfonds, HOLM-Gründerzuschuss, Hessen Ideen Stipendium und die esa sind nur einige der Programme, die Inflabi den baldigen Markteintritt ermöglichen. Sobald die EU-Zertifizierung vorliegt, wollen die Jungunternehmer eine Crowdfunding-Kampagne starten, um die ersten 500 Helme produzieren zu können. Den Fahrradhelm wird es dann in verschiedenen Größen und Farben geben. Erste Bestellungen sind bereits eingegangen.

Autorin: Heike Jüngst

Bilder:  Inflabi