Unkategorisiert

11. Juli 2024

Split ist jetzt orderbird

Ehemaliges TUDa-Start-up gestaltet die digitale Zukunft der Gastronomie mit

Erfolgreicher Exit: Die Gründer der Split GmbH, Norman Holpart, Christian Castro Büch und Carsten Bock, verkauften ihr Start-up an orderbird.

Erfolgreicher Exit: Die Gründer der Split GmbH, Norman Holpart, Christian Castro Büch und Carsten Bock, verkauften ihr Start-up an orderbird.


Im Jahr 2023 hat das Darmstädter Tech-Start-up Split einen großen Schritt gemacht: Es wurde von orderbird, Europas führendem Anbieter von cloudbasierten Ipad-Kassensystemen, übernommen. Split, spezialisiert auf digitale Bestelllösungen für die Hotel- und Gastronomiebranche, wird damit Teil eines größeren Ganzen und das verspricht einiges. Durch die Integration der innovativen Software von Split kann orderbird sein digitales Angebot deutlich erweitern: QR-Code-basiertes Bestellen und Bezahlen direkt am Tisch sowie eine digitale Speisekarte – alles, was das Herz eines modernen Gastronomen begehrt. Die Partnerschaft zwischen Split und orderbird hat dabei ein klares Ziel: die Entwicklung von integrierten Zahlungsdiensten und Bestellmanagementfunktionen in der Gastronomie auf die nächste Stufe zu heben. 

Für die 2019 gegründete Split Tech-Solutions GmbH ist die Übernahme nicht nur eine Anerkennung der bisherigen Erfolge. Es ist auch die Chance, von den Ressourcen und Netzwerken eines etablierten Unternehmens zu profitieren. Der Exit ist ein Ritterschlag und ein Zeichen dafür, dass die Ideen, das Geschäftsmodell und der unvergleichliche Teamspirit der drei Gründer Carsten Bock, Christian Castro Büch und Norman Holpart voll aufgegangen sind. Ein Gespräch.

HIGHEST: Ihr habt Euch bei einer Bier-Pong-Party kennengelernt, mit der Idee zu „Split“ in einer Darmstädter Garage angefangen, nur wenige Jahre später trotz Corona-Pandemie und Gastro-Krise bereits mehr als 250 Kund:innen gehabt und jetzt euer Unternehmen gewinnbringend verkauft. Ist eure Gründergeschichte ein wahr gewordenes Start-up-Märchen? 

Christian Castro Büch: Hast du Zeit? Die ganze Geschichte ist: Für mich war immer klar, dass ich ein eigenes Unternehmen gründen werde. Ich habe an der TU Darmstadt Wirtschaftsingenieurwissenschaften mit Schwerpunkt Maschinenbau studiert. Mit diesem Studium lag es nahe, mich selbstständig zu machen. Noch bevor ich wusste, mit welcher Geschäftsidee ich ein Start-up gründen werde, habe ich mich bei HIGHEST informiert, wie das geht und viele Handbücher über Unternehmensgründungen gelesen. 

HIGHEST: Wie kam es dann zu der Idee, den Bestell- und Bezahlvorgang in der Gastro- und Hotelbranche zu digitalisieren? Liegt ja für einen Maschinenbauer nicht unbedingt nahe. 

Christian Die Idee zu Split kam mir während einer USA-Reise. Da habe ich bei einem Restaurantbesuch mit Freunden ein neuartiges digitales Abrechnungssystem kennengelernt. Nur einer bezahlte, die anderen überwiesen noch am Tisch sitzend ihren Anteil an die bezahlende Person. Wie bei Paypal konnte der den Zahlungseingang gleich sehen. Da wusste ich sofort, dass so etwas Ähnliches in Deutschland richtig einschlagen würde. Die Deutschen bezahlen ja am Ende eines Restaurantbesuchs immer getrennt. Das splitten dauert ewig und ist sowohl für die Gastronomen als auch für die Gäste eine nervige Angelegenheit. Deshalb wollte ich eine digitale Lösung anbieten, die das automatisch macht. So ist die Idee zu Split entstanden. 

HIGHEST: Und dafür brauchtest Du jemanden, der die Software dafür entwickelt.

Carsten Bock: Ja, hier komme ich ins Spiel. Ich habe an der TU Darmstadt Informatik studiert und schon während des Studiums freiberuflich kleinere Jobs wie Webseiten programmieren und ähnliches gemacht. Eines Tages war ich auf diese inzwischen unter uns legendäre Bier-Pong-Party eingeladen und wurde Christian vorgestellt. Der erzählte mir von seiner Idee. Ich war aus dem Stand überzeugt und habe mich im Prinzip sofort danach an die Produktentwicklung gemacht. Dazu kommt, dass wir uns wirklich super verstehen. Für jeden von uns war es von Anfang an eine ausgemachte Sache, dass ich Mitgründer sein werde und meine Funktion die eines CTO ist. Ich habe dann tatsächlich eine Garage in Darmstadt gefunden – mit Wasseranschluss und Toilette –, die wir als Büro nutzen konnten. Unser erster Investor hat uns dort sogar mal besucht.

HIGHEST: Wie habt ihr euch denn finanziert?

Carsten: Angefangen hat es mit einem Hessen Ideen Stipendium, das wir mit Hilfe von HIGHEST bekommen haben. Als wir bei Hessen Ideen im Programm waren und gecoacht wurden, merkten wir, dass es jetzt wirklich ernst wird mit der Unternehmensgründung. Auf einer hohen Umdrehungszahl lernten wir da all die Dinge, auf die es ankommt: Geschäftsmodell entwickeln, Finanzierungsplan aufstellen, Vertriebs- und Marketingkonzept bauen. Und wir lernten, dass Vertrauen im Team, der Teamgeist als solcher 90 Prozent des ganzen Projekts ausmacht. Du musst dich blind aufeinander verlassen können, gerade auch in Zeiten, in denen es zum Beispiel finanziell schwierig ist. Und solche Zeiten hatten wir eben auch. Aber wir schwimmen alle auf der gleichen Wellenlänge und verstehen uns supergut. Und wir haben den gleichen Humor, das passt. 

Christian: Während des Hessen Ideen Stipendiums sind zwei weitere Mitgründer von Split – wir waren mal zu viert – abgesprungen. Die beiden waren zu diesem Zeitpunkt fertig mit ihrem Masterstudium und erhielten ein sehr gutes Jobangebot. Deshalb haben sie sich für die risikoärmere Option entschieden. Für Carsten und mich allerdings war das ein herber Schlag. Aber aufgeben war nie eine Option. Und dann erzählte mir ein Freund von Norman. 

Norman: Ich habe Betriebswirtschaft studiert und wollte noch den Master hinten dranhängen. Dass ich mal ein Start-Up mitgründen möchte, wusste ich aber schon immer. Eines abends überredete mich dieser Freund von Christian, den auch ich kannte, zu einem Gründerstammtisch in Darmstadt zu gehen. Ich wollte an dem Abend eigentlich nicht mehr vor die Tür gehen und es mir daheim gemütlich machen. Trotzdem raffte ich mich auf und lernte Christian und Carsten kennen. Ab da war mein Leben ein anderes. Ich bin als CRO (Chief Revenue Officer) eingestiegen und war für Vertrieb und Marketing zuständig. 2019 haben wir dann die Split GmbH gegründet. 

Christian: Um auf deine Frage nach der Finanzierung zurückzukommen: Wir haben schon früh mit Unterstützung des Venture-Capital-Fonds Hessen Kapital III (EFRE) GmbH, der von der BMH Beteiligungs-Managementgesellschaft Hessen GmbH verwaltet wird, und der Angel-Investoren Daniel von Wedel, Alexander von Wedel, Olaf Kempin, Michael Jarocki sowie MR Beteiligungen eine Seed-Finanzierungsrunde im mittleren sechsstelligen Bereich abgeschlossen. Es kamen später noch weitere Förderungen wie etwa push! dazu. 

HIGHEST: Wie habt ihr denn aus der Garage heraus euer Unternehmen aufgebaut?

Christian: Als Booster für Split erwies sich der Goethe-Inkubator, das Gründungszentrum der Frankfurter Goethe-Universität. Plötzlich hatten wir Büros in Frankfurt, profitierten im Rahmen des Innovationsprogramms von individuellem Coaching, Zugang zu einem großen Mentoren- Netzwerk, exklusiven Workshops und Trainings und der Unterstützung bei der Beantragung von Fördermitteln. Das war eine tolle und intensive Zeit. Man wird ja nicht von heute auf morgen vom Erfinder zum Unternehmer. Wir haben alle sehr steile Lernkurven hingelegt. Und unser Team ist ständig gewachsen. Zeitweise waren wir 25 Leute. 

HIGHEST: Und dann kam Corona und mit dem Lock-Down die Schließung der Restaurants. Hat euch das sehr zurück geworfen? 

Norman: Ja und Nein. Am Anfang der Pandemie wusste sowieso niemand, wie es kommen würde. Aber genau genommen, lag in dieser Krise unsere große Chance. Die Gastronomiebranche befindet sich seit Corona im Wandel. Digitalisierung erweist sich zunehmend als wichtiger Faktor zur Prozessoptimierung und Kostensenkung – nicht nur im Backoffice, sondern auch im direkten Kontakt mit dem Kunden. Mit Split konnten wir ein nahezu kontaktloses Bestell- und Bezahlsystem anbieten. Außerdem haben wir schnell auf die Probleme der Pandemie wie etwa Personalmangel reagiert. Carsten entwickelte mit seinem Team in kürzester Zeit ein Self-Ordering-System. Dadurch sind Gastronomen in der Lage, ihren Gästen Bestell- und Bezahlvorgänge via Smartphone anzubieten. Zudem wird Gastronomen die Möglichkeit gegeben, ein eigenes Abhol- und Liefersystem anzubieten. So können kostspielige, provisionsbasierte Lieferdienst-Partnerschaften mit Drittanbietern reduziert werden. 

HIGHEST: Und wie findet ihr selbst eure Kund:innen?

Norman: Während der Pandemie tatsächlich durch Klinken-Putzen. Recherchieren, anrufen, vorbeigehen. Wir agieren sehr kundenorientiert und bieten maßgeschneiderte Konzepte an. Unser Erfolgsrezept ist unsere Nahbarkeit. Die Kunden schätzten es sehr, dass wir immer erreichbar und offen für Feedback waren – und Sympathie hat auch eine große Rolle gespielt. 

Carsten: Ich sitze oft direkt bei den Kunden und richte ihnen das Programm ein. Da spricht man miteinander, geht auf Fragen und Wünsche ein. Unser Stil ist der persönliche Kontakt. Das mögen wir und das mögen insbesondere Gastronomen, die sich ja vor allem als Gastgeber verstehen. 

Christian: Einer unserer ersten Kunden war ein großes Darmstädter Hotel. Da fand seinerzeit mal eine Unternehmerkonferenz mit vielen Teilnehmern statt. Wir sind da in Jeans und T-Shirt mit unserem Prototypen im Gepäck einfach hingegangen. Unter all den Anzugträgern wirkten wir völlig deplatziert, aber wir nutzten eine kurze Pause, um dem Hotel-Geschäftsführer unsere Bestellsystem zu zeigen. Zum Glück nahm er sich die Zeit. Danach wollte er Split sofort haben. 

HIGHEST: Wie kam es zu der Übernahme durch orderbird?

Norman: Einer der Gründer von orderbird war bei einem unserer Restaurant-Kunden in Berlin essen. In diesem Restaurant bestellt man mit unserem System sein Essen über das eigene Handy und bezahlt auch direkt. Der Mann war sehr begeistert von der Schnelligkeit und Einfachheit des Bestell- und Bezahlvorgangs über unser System. Daraufhin hat er uns auf LinkedIn eine Nachricht geschrieben. 

Christian: Die Akquisition war tatsächlich bereits im März 2023. Wir haben alle unsere Anteile verkauft und sind jetzt bei orderbrid angestellt. Wir integrieren hier unsere Produkte in das Kassensystem von orderbird und sorgen dafür, dass die Einführung ein kommerzieller Erfolg wird – in aktiver als auch in beratender Rolle. Wir arbeiten mit unserem Team weiterhin aus Frankfurt heraus und haben ein Büro bei der Muttergesellschaft Nexi in Eschborn bezogen. 

Carsten: Mit orderbird können wir unsere Produkte nach wie vor so nah wie möglich an unseren Kund:innen weiterentwickeln und auf die nächste Stufe heben. Zwei neue Produkte haben wir bereits gelauncht. Weitere sind in der Mache. Dafür suche ich für mein Team in der Software-Entwicklung übrigens weitere Mitstreiter:innen, die Lust haben, die Gastrobranche zu digitalisieren. Die neue Ära der Gastronomie hat gerade erst begonnen – und wir sind mittendrin!

Das Interview führte Heike Jüngst