Gründerstories

7. März 2024

Digitale Sharing-Community

TUDa-Start-up Mietzy entwickelt Sharing-Plattform für Gebrauchsgegenstände

Viele haben sie zuhause, fast jeder braucht sie mal: Bohrmaschine, Party-Boxen, Campingausrüstung – Alltagsgegenstände und Objekte, die nur ein oder zwei Mal im Jahr zum Einsatz kommen. Anstatt diese neu anzuschaffen, könnten selten genutzte Gegenstände geliehen oder gemietet statt gekauft werden. Das spart nicht nur Geld, sondern auch Platz. Richtig umgesetzt, ist Teilen sinnvoll und nachhaltig, sagen die Co-Founder von Mietzy, einer neuen Sharing-Plattform. Sie wollen das Teilen gesellschaftsfähig machen. 

Drei Gründer:innen, zwei Hochschulen aus dem Rhein-Main-Gebiet: Gäbe es ein Lehrbuch über das Ökosystem der Region, die Founder von Mietzy würden in Sachen Networking und Entrepreneurship-Management als Vorzeigebeispiel genannt. Salim Zeyen von der TU Darmstadt hatte eine Business-Idee, Samuel Schmidt – ebenfalls TUDa-Studierender –, die Expertise, sie technisch umzusetzen, Laura Wolfram von der Goethe-Universität das juristische Knowhow, daraus ein Geschäftsmodell zu machen: eine Sharing-Plattform, die es den Nutzer:innen ermöglicht, mehr zu teilen und weniger zu besitzen. „Unsere Sharing-Plattform für fast alles, was man selten benötigt, ermöglicht den Usern, Geld zu verdienen oder Geld zu sparen durch das Vermieten und Mieten von beispielsweise Werkzeug, Technik, SUP-Board, Zelt und vieles andere mehr.“ Teilen soll sexy werden, das ist das Leitmotiv der Mietzy-Founder.

Screenshot der Startseite der Plattform

Gründen ist Aufgabensplitting ist Netzwerken

Doch von vorne: Salim Zeyen veranstaltete ganz gerne mal Partys. Als Student stand er dabei regelmäßig vor dem Problem, sich das Equipment dafür organisieren zu müssen. Die Kosten für den Kauf von Party-Boxen und Co. konnte und wollte er nicht aufbringen. Viel einfacher wäre es doch, er könnte sich die Ausrüstung für kleines Geld von Menschen, die sie sowieso nur rumstehen haben. Aus diesem Gedanken sogar eine Geschäftsidee zu machen, lag für den Entrepreneurship-Masterstudierenden nahe. „Ich habe immer wieder Ideen und Visionen ausgearbeitet und verworfen, denn ich wusste, ich will Unternehmer sein. Mit der Idee zu Mietzy wusste ich, die lohnt es sich zu verfolgen.“ Was Salim brauchte, war allerdings jemand, der in der Lage ist, eine digitale Web-Plattform zu bauen – einen userfreundlichen Marktplatz, der ausleihbare Gebrauchsgegenstände vermittelt. Eine Mischung aus ebay und AirBnB schwebte ihm vor. 

Auf dem beruflichen Online-Netzwerk LinkedIn fand er Samuel Schmidt, Informatik-Masterstudent der TU-Darmstadt. „Bevor Salim mich kontaktierte und fragte, ob ich mit ihm ein Start-up gründen möchte, hatte ich noch nicht einmal darüber nachgedacht, ob ich jemals Unternehmer werden möchte“, erzählt Samuel rückblickend. Salims Idee aber klang so bestechend wie technologisch umsetzbar. Samuel ging mit an Bord. Die Juristin Laura dagegen trug sich schon länger mit dem Gedanken, in ein Start-up mit einzusteigen. „Ich arbeite als Syndikusanwältin und merkte schnell, dass Entrepreneurship nicht unbedingt eine Raketenwissenschaft ist, sondern viel mehr Mut erfordert.“ Laura und Salim lernten sich auf einem der vielen Netzwerktreffen im Rhein-Main-Start-up-Ökosystem kennen. „Salim schmuggelte sich allen Ernstes auf ein Female-Founder-Event“, erzählt Laura. So viel Chuzpe scheint sie überzeugt zu haben. Seit einem halben Jahr ist Laura Co-Founderin bei Mietzy und kümmert sich um Rechtssicherheit, Verträge und Marketing.

Das Team hinter Mietzy, Fotonachweis: Madeleine Mussgnug

Öko-Trend Sharing-Economy

Der Anspruch der Mietzy-Gründer:innen an den Betrieb ihrer Sharing-Plattform ist hoch: Mieten und Leihen auf Mietzy soll so einfach sein wie Onlineshopping, deutschlandweit verfügbar und abgesichert für Mietende und Vermietende. Dabei brennen die Drei für Innovation und Nachhaltigkeit. „Durch das Teilen von Ressourcen wird die Umwelt geschont und die Materialverschwendung reduziert.“ Außerdem: Wer weniger kaufen muss, habe mehr Geld zur Verfügung, um neue Dinge zu probieren und Neues zu erleben. 

Team Mietzy auf dem Startup & Innovation Day 2023, Fotonachweis: Ana Luisa Francisco, FiniBee (EnerShare GmbH)

Marktplatz für private wie gewerbliche Nutzer:innen

Die von ihm gebaute Sharing-Plattform bringt Informatiker Samuel derzeit gemeinsam mit Freien Mitarbeitenden auf die Zielgerade zum Markteintritt. Salim kümmert sich um die Finanzen und erste gewerbliche Kunden. „Mietzy soll von Anfang an ein breites Angebot vorhalten, dafür brauchen wir auch Unternehmenskunden.“ Für reibungsarme User-Beziehungen verhandelt Laura mit Versicherungen das Thema Schadensfallabwicklung – zugunsten der Kundensicherheit. „Wir wollen die Hürden nehmen, die Leute bisher davon abhielten, mehr zu teilen und weniger zu besitzen“, sagen die Gründer:innen. Wer schon mal verliehen hat, kennt das vielleicht: In manchen, wenn auch seltenen Fällen kommen die Sachen nicht in ihrem Ursprungszustand zurück. Dann sollte man nicht auf dem Schaden sitzen bleiben müssen. 

Wie fast alle Neugründer:innen sind Salim, Samuel und Laura derzeit rund um die Uhr unter Druck. Geld, Zeit, Personal – bei einem Start-up fehlt es am Anfang an allem. „Wir haben im Moment alle drei noch eine Festanstellung, um unsere privaten laufenden Kosten tragen zu können.“ Das braucht Durchhaltevermögen. Angst aber haben sie nicht. Mithilfe des Gründungszentrums HIGHEST der TU-Darmstadt qualifizierten sie sich für das Hessen Ideen Stipendium ebenso wie das Hessen Ideen Crowdfunding. Auf der Crowdfunding-Plattform Startnext warben sie vergangenen Winter in kürzester Zeit 10.000 Euro ein. „Für uns ist das eine entscheidende Bestätigung, dass es einen riesigen Bedarf gibt, Gelegenheitsartikel einfach und sicher zu teilen.“  Mit dieser Summe können die drei Gründer:innen jetzt ihre Plattform zur Marktreife fertigstellen. Das Ökosystem Rhein-Main funktioniert.

Autorin: Heike Jüngst

Wie wäre es mit einem Kajak-Ausflug? Zukünftig wird auch dies auf Mietzy zu mieten sein.