Alumni-Story

6. Oktober 2022

3D-Druck – die Welt ein bisschen besser machen

Mascheinenbauingenieur Alexander Großmann im Porträt

Es gibt Schüler, die wissen bereits in jungen Jahren ziemlich genau, was sie beruflich einmal machen möchten. Alexander Großmann ist so jemand. Dem promovierten Maschinenbauingenieur war schon früh klar, dass er einmal als Forscher arbeiten möchte. „Ich hatte immer den Gedanken, dass ich nützliche Dinge erfinden möchte, etwas, das der Gesellschaft, den Menschen hilft“, sagt Alexander Großmann. Das Buch „Das Universum in der Nussschale“ von Stephen Hawking war ihm als Junge eine Offenbarung. „Die Suche nach einer Formel, die alles erklärt, hat mich fasziniert und tut es noch immer“, erzählt der 32-Jährige. Nein, es ginge ihm nicht darum, reich und berühmt zu werden, auch wenn Altruismus sich häufig mit Egoismus verbinde, gibt er schmunzelnd zu. Großmann erlaubt sich den Egoismus, beim Forschen Spaß zu haben und dabei Innovatives zu entwickeln –Grundlagenforschung in die Anwendung zu bringen, treibt ihn an.

3D-Laserdruck mit immensem Potenzial

Alexander Großmann leitete bis vor kurzem – er wechselte inzwischen in die freie Wirtschaft – an der TU Darmstadt eine Forschungsgruppe im KLuB, dem Institut für „Konstruktiver Leichtbau und Bauweisen “. Den Spaß an der Wissenschaft hatte er hier beim 3D-Druck von metallischen Leichtbauteilen. Hört sich kompliziert an, versteht der Laie aber sofort, wenn er mit Großmann durch die Werkstatt des Fachbereichs Maschinenbau läuft. „Schauen Sie, konventionell werden Bauteile aus ganzen Metallblöcken heraus gefräst. Wir machen es genau umgekehrt. Wir nehmen loses Metallpulver und drucken mit dem Laser die Bauteile Schicht für Schicht“, erklärt Großmann. Additives Fertigungsverfahren nennt sich das. Der Vorteil liegt auf der Hand: Während beim Fräsen oder Ausstanzen von Bauteilen jede Menge Abfall übrigbleibt, wird beim 3D-Druck der Baustoff nahezu eins zu eins verwendet. „Ein effizienter Material- und Energieeinsatz hilft, Ressourcen und Umwelt zu schonen.“ Großmanns Message ist unmissverständlich: Die Zukunft ist ressourceneffizient. Es gilt, Umwelt und Klima zu schützen. Da ist der Mann ganz Kind der Gegenwart. Und er ist überzeugt: steigern Industrie und Wirtschaft ihre Ressourceneffizienz, stärken sie ihre Wettbewerbsfähigkeit und schonen dabei die Umwelt. Alexander Großmann ist einer, der gerne sagt, was er denkt.

Dr. Alexander GRoßmann

Thinking out of the box

Immenses Marktpotenzial

„Das sogenannte pulverbettbasierte Laserstrahlschmelzen wird künftig den klassischen Fertigungsverfahren signifikante Marktanteile abnehmen.“ Davon ist Alexander Großmann überzeugt. Das Prinzip biete große Konstruktions- und Gestaltungsfreiheiten und damit viele Anwendungsmöglichkeiten. So produzierte er mit seinem Team auf Anfrage eine große Bandbreite an Leichtbauteilen mit dem 3D-Drucker: vom Vorbau an der Fahrradlenkerstange über Bauteile für die Raumfahrt bis hin zu Medizinprodukten wie etwa künstliche Hüftgelenke stellte er das Potenzial dieses Fertigungsverfahren unter Beweis. Der große Vorteil der Technologie ist es, Bauteile direkt in einem Stück fertigen zu können. Der Clou: Die Bauteile von Großmann haben eine Gitterstruktur. Sie sind dadurch besonders leicht und lassen sich optimal in ihre jeweilige Umgebung integrieren. Die Gitterstruktur bei einem künstlichen Hüftgelenk beispielsweise, wird vom menschlichen Körper besser angenommen als Bauteile mit glatter Oberfläche.

Geschwindigkeitsangepasste Betriebstechnik für 3D-Druck

Alexander Großmann

Seine Werkstatt an der TU Darmstadt.

Thinking out of the Box

Das 3D-Drucken erfunden haben andere, vor Großmann. Die ersten Verfahren der additiven Fertigung entstanden Ende der 80er Jahre. Es ging damals darum, kostengünstige Prototypen für anschauliche Zwecke herzustellen. Heute ist es das Ziel, Produkte in Serie zu fertigen. Alexander Großmann entwickelte dazu ein Verfahren, das den Herstellungsprozess optimiert. Es ist ihm gelungen, die Druckgeschwindigkeit des 3D-Druckers an Bauteil und Material anzupassen: „Bis vor kurzem konnte ein 3D-Drucker nur in einer Geschwindigkeit arbeiten. Das kann je nach dem auch kontraproduktiv sein“, sagt Großmann. Am Beispiel eines Autos erklärt er dann, was es mit der variablen Geschwindigkeit beim Drucken auf sich hat: „Stellen Sie sich einfach vor, der Motor ihres Autos könnte nur ein Tempo fahren, sagen wir 70 km/h. Das wäre innerorts zu schnell und auf der Autobahn zu langsam.“  Beim 3D-Drucken sei das momentan nicht viel anders. Man benötige variable und situationsangepasste Geschwindigkeiten. Großmann ist in jahrelanger Forschungsarbeit gelungen, eine solch differenzierte Betriebstechnik für Laserdrucker zu erfinden: „Das war ein schöner Moment, als es endlich funktionierte.“ Eine Innovation, die derzeit patentiert wird.  Großmann bietet inzwischen einen Webservice an, der Tools für einen optimierten Druckprozess zur Verfügung stellt.  „Eine Idee, die sich im Wettbewerb behauptet, hat auch eine Berechtigung am Markt.“

Die Welt selbst entdecken

Einen Geschäftssinn entwickelt Alexander Großmann schon als Teenager. Damals betreibt er gemeinsam mit seinem Vater ein kleines Geschäft für IT-Netzwerklösungen. Seinen ersten Computer baut er mit 14 Jahren zusammen. „Das ist für einen an Technik interessierten Schüler überhaupt kein Problem“. Ein Nerd mit Tunnelblick ist der ehemalige Leistungsturner trotzdem nicht.

Großmann kennt schlechte Schulnoten in der Oberstufe des Gymnasiums, als Partys und Computerspiele wichtiger sind als schulische Leistungen. „Klar, meine Eltern waren nicht begeistert. Aber sie hatten die Größe, mich die Welt selbst entdecken zu lassen.“ Aufgewachsen im pfälzischen Annweiler bei Landau als Sohn eines schwäbischen Netzwerkingenieurs und einer brasilianischen Biologin, biegt Großmann nach dem Abitur von seinem Weg in die Wissenschaft erst mal ab. Er verpflichtet sich bei der Bundeswehr, wird Hubschrauberpilot bei den Heeresfliegern, studiert Maschinenbau an der Helmut-Schmidt-Universität in Hamburg. Es wird die bislang prägendste Zeit seiner beruflichen Karriere: „Die Offizierslaufbahn bei der Bundeswehr hat mich gelehrt, persönliche Standards in Dingen wie Teamführung und Zielorientierung zu entwickeln“, sagt Alexander Großmann. Er kennt die Vorurteile gegen die Bundeswehr. „Viele denken dabei an Kategorien wie Befehl und Gehorsam. Das war einmal. Heute geht es um Fokussierung auf das Wesentliche, um Problemlösungsstrategien, die, verbunden mit einem Ziel, diszipliniert umgesetzt werden.“ Softskills, die ihm als Forschungsgruppenleiter enorm hilfreich waren und es jetzt ermöglichen, sich in der freien Wirtschaft zu behaupten. Denn Großmann kennt auch seine Schwächen: „Ich bin ein emotionaler Typ“, bekennt er. Am Ende aber siege immer die Diplomatie, sagt Alexander Großmann lächelnd. Was durchaus passt zu jemanden, der es liebt, immer wieder bei null anzufangen, um die Welt ein bisschen besser zu machen.

Autorin: Heike Jüngst